Deutsches Schiffahrtsmuseum

Regional-Presse-Info

Regionalinfo 02/98 vom 06.02.1998

Annäherung eines Holzschnitzers an ein Werk der Weltliteratur

Raimund Pallusseck schuf 13 Farbholzschnitte zum Roman "Das Totenschiff" von B. Traven - Sonderausstellung vom 14. Februar bis 19. April im Deutschen Schiffahrtsmuseum

Der Roman "Das Totenschiff" des lange im Anonymen verborgen gebliebenen, geheimnisumwitterten B. Traven ist Weltliteratur. Für den Leser leicht nachvollziehbar dürften eher die Gedankengänge des überzeugten Anarchisten sein, der strikt die Herrschaft des Menschen über den Menschen ablehnt. Umso schwerer aber ist es, sie umzusetzen in Bilder, die nicht nur dem Text, sondern auch der Lebensphilosophie des Dichters entsprechen. Der Cuxhavener Künstler Raimund Pallusseck (geboren 1951) hat sich auf solches Wagnis eingelassen. Das Ergebnis sind 13 Farbholzschnitte, die das Deutsche Schiffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven vom 14. Februar bis 19. April 1998 in einer Sonderausstellung zeigt. Dr. Lars U. Scholl hat aus der Vielzahl der Vorstudien zahlreiche Arbeiten ausgewählt, die den Weg des Künstlers vom Konkreten zum Abstrakten hin dokumentieren. Ein Triptychon beschließt diese Kabinettsausstellung.

In seinem Begleittext zur Ausstellung schreibt Dr. Armin Richter über die Aufgabe, vor die sich der Künstler gestellt sah: "Der 'Tote' des 'Totenschiffs' - der Versklavte, Geknechtete, Gequälte, Entrechtete, Ausgestoßene, Vergessene, für die menschliche Gesellschaft Ausgelöschte - gewinnt in seiner äußerlichen Gefangenschaft ein Maß innerer Freiheit, die der Lebendige, der immer auch Angst um seine Besitzstände haben muß, nicht kennt. Aus dieser Spannung zwischen tot und lebendig, die in vielfältigen Schattierungen wiederkehrt, bezieht der Roman seine eigentümliche Leichtigkeit, seinen Humor, seinen mutmachenden Optimismus; darin gleicht er den besten Beispielen des europäischen Schelmenromans."

Der Lebensphilosophie Travens hat sich Pallusseck für sein Vorhaben dadurch genähert, daß er aus den 48 Kapiteln des in drei Bücher aufgeteilten Romans 13 Textstellen ausgewählt hat, denen er als Auch-Seemann bei der bildkünstlerischen Umsetzung eine andere, dem Roman ebenfalls innewohnende Dimension abgewinnt: "Es ist", wie Richter erkennt, "die seemännische Komponente, die sich in Eindrücken, Assoziationen und Stimmungen manifestiert, die vor den Kesseln und an Deck gewonnen werden."

Aus den Vorlagen - sie waren in mit Birke furniertes Sperrholz geschnitten - entstanden in der Druckerei in zehntägiger sorgfältiger Arbeit nach und nach, Bild für Bild die 13 handgefertigten farbigen Holzschnitte. Daß Künstler und Drucker bei einem solchen Vorhaben die gleiche Sprache sprechen mußten, verstand sich von selbst.

Die 13 Bilder erzählen nicht nur die Geschichte eines außergewöhnlichen Beispiels gedruckter Kunst, sie bilden zugleich auch einen Höhepunkt im Schaffen von Raimund Pallusseck. Für den Cuxhavener, der ein Studium an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg absolviert hat, ist es bereits die elfte Einzelausstellung seit 1982. Außerdem ist er gemeinsam mit anderen Künstlern an zahlreichen Werkschauen beteiligt gewesen. Er hat zwei Künstlerbücher herausgegeben, darunter das über "Das Totenschiff". Nicht nur der private Sammler, auch die öffentliche Hand zeigt Interesse: So hat die Landesbibliothek Hannover Werke von ihm angekauft.

Die Ausstellung "Raimund Pallusseck - 13 Farbholzschnitte zum 'Totenschiff' nach B. Traven" wird am Sonnabend, 14. Februar, um 11 Uhr im Deutschen Schiffahrtsmuseum eröffnet. Den Einführungsvortrag hält Dr. Lars U. Scholl, Leiter der Abteilung "Schiffahrt im Industriezeitalter".

Hinweis: Die Veröffentlichung des Info-Service ist kostenfrei. Wir bitten jedoch bei Druckmedien um Übersendung eines Belegexemplars.


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