Deutsches Schiffahrtsmuseum

Regional-Presse-Info

Regionalinfo 06/98 vom 19.05.1998

Wer will, kann sich seine eigene Baidarka bauen

Freigelände am Deutschen Schiffahrtsmuseum wird vom 20. bis 30. Juli zur Bootsbauwerft auf Zeit - Hamburger Experte hilft mit - Nordostsibirische Robbenjäger benutzten bis in dieses Jahrhundert hinein ihre Fellboote mit dem typischen Doppelsteven

Es mag viele Jahrhunderte, vielleicht sogar einige Jahrtausende zurückliegen - wann genau die Bewohner der Küsten im nordöstlichen Sibirien, die Vorfahren der Tschuktschen, mit einem kajakähnlichen Fellboot, der Baidarka, die Küstengewässer befuhren, um Robben und Wale zu jagen, läßt sich wohl kaum noch mit letzter Sicherheit nachweisen. Daß es jedoch vergleichbare Bootstypen schon in der Bronzezeit gegeben hat, weiß Dr. Siegfried Stölting, Historiker am Deutschen Schiffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven, von skandinavischen Felsbildern, auf deren Entdeckung und Erforschung er sich seit langem bei seiner wissenschaftlichen Arbeit verlegt hat. In der Zeit vom 20. bis 30. Juli dieses Jahres will er Liebhabern von solchen vorgeschichtlichen Wasserfahrzeugen eine einzigartige Chance bieten: Wer will, der kann sich unter fachkundiger Anleitung und Assistenz selbst eine Baidarka mit ihrem typischen Doppelsteven nachbauen und anschließend damit Fahrten unternehmen.

Für die Aktion, die auf dem Freigelände des Museums vonstatten gehen wird, hat er den Hamburger Bootsbauer Andreas Wieckhorst gewonnen, der im Bau von Fellbooten langjährige praktische Erfahrungen besitzt. Den wissenschaftlichen Background liefert Dr. Stölting selbst, der bereits im Sommer 1997 an gleicher Stelle mit seinem Mitstreiter, dem für die Museumspädagogik am Lehrerfortbildungsinstitut Bremerhaven zuständigen Hans-Georg Mildner, ein anderes Fellboot, einen westgrönländischen Kajak, nachgebaut hat.

In diesem Jahr will Dr. Stölting mehr erreichen: Er sucht bis zu einem knappen Dutzend Interessenten, die sich den Traum von einer eigenen Baidarka erfüllen möchten und dafür nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern auch etwas Geld für das Baumaterial mitzubringen bereit sind. Die Idee, mit einem Fellboot "in See zu stechen", ist alles andere als abwegig. Die Bewohner Nordostsibiriens befuhren noch bis in dieses Jahrhundert hinein mit Baidarkas die küstennahen Gewässer.

"Die Baidarkas waren für den Einsatz auf See gedacht, nicht etwa auf Binnengewässern", betont Dr. Stölting. Die um die fünf Meter langen Boote, deren Besatzung aus bis zu drei Mann bestand, hatten ein Skelett aus Knochen oder Holz, das die Sibirier mit Fellen bespannten. In Bremerhaven wird das Skelett selbstverständlich aus Holz bestehen, und anstelle der Felle wird Tuch verwendet, das mit Öl imprägniert und wasserdicht gemacht wird. "Die Boote müßten ihren Eignern allein schon deswegen viel Freude bereiten, weil sei bei guter Pflege eine Lebensdauer von vielen Jahren erreichen können", meint Stölting. "Allerdings - das Skelett sollte von Zeit zu Zeit neu bespannt werden".

Interessenten, die an der Aktion teilnehmen möchten, können sich bei Dr. Stölting im Deutschen Schiffahrtsmuseum melden. Die Anmeldungen sollten bis Mitte Juni eingetroffen sein, damit das DSM Bootsbaumaterial in der benötigten Menge bereithalten kann.

Hinweis: Die Veröffentlichung des Info-Service ist kostenfrei. Wir bitten jedoch bei Druckmedien um Übersendung eines Belegexemplars.


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