Seit Dezember schon hatten sich Passanten an den großen Fensterscheiben die Nasen plattgedrückt, weil in der neuen Halle geschäftiges Leben herrscht. Fortan erhalten die zahlenden Besucher einen weitaus besseren Einblick: Sie können von oben und von ganz nahe, insbesondere aber vor Wind und Wetter geschützt die spannenden Arbeiten beobachten - vom nun geöffneten Galeriegang aus, der über das Obergeschoß des Altbaus leicht zu erreichen ist und auf der nahezu vollen Länge der neuen Bootshalle freigegeben wird.
Kaum hatte das DSM das vom Berliner Architekten Dietrich Bangert entworfene Erweiterungsgebäude formell übernommen, legte der Technische Dienst des Museums auch schon los. Die zehn Mitarbeiter und die beiden ABM-Kräfte holten nach und nach die zwanzig großen Boote und die neun kleineren Sportboote aus ihren Zwischenlagern, in die man sie gebracht hatte, als die alte Bootshalle dem Erweiterungsbau weichen mußte.
Um unter allen Umständen zu verhindern, daß am Boden des Erweiterungsgebäudes Schäden entstehen könnten, ließen sich Werkstattleiter Jörg Geier und seine Mitarbeiter einiges einfallen. Dabei kam ihnen zugute, daß sich das Team nicht nur aus Angehörigen verschiedener Berufsgruppen wie Schiffszimmerleuten, Tischlern, Bootsbauern, Taklern, Malern, Schlossern und Restauratoren zusammensetzt, sondern daß auch einige von ihnen vorher auf Werften gearbeitet haben. Die alten Verbindungen zahlten sich aus: Das Museum konnte von Geeste-Metallbau, der früheren Unterweser-Werft, große Kanthölzer von der ausgedienten Slipanlage übernehmen. Sie erwiesen sich als besonders wertvoll: Weil die beiden festen Brücken quer durch das betonierte Bootsbecken solch ausladende und schwere Lasten nicht aufnehmen konnten, bauten die Männer aus den Kanthölzern und aus Planken eine "Pionierbrücke". Bei dieser Knochenarbeit faßten sogar viele Wissenschaftler mit an, deren Engagement bei den Handwerkern entsprechend gut ankam. Jörg Geier: "So entsteht im Hause ein richtiges Wir-Gefühl, das die Motivation aller erheblich fördert."
Das anfangs schwierigste Stück Arbeit bestand darin, das Heckteil eines Zees-Bootes, mit dem vorpommersche Fischer einstmals in den Bodden ihre Netze ausbrachten, mit dem Gabelstapler zentimetergenau über die Behelfsbrücke zu lavieren. Auf dem gleichen Wege gelangten auch der historische Strandrettungswagen und ein gleichfalls betagtes Seenotrettungsboot mit Ablaufwagen aus Spiekeroog auf ihre im Einrichtungsplan vorgesehenen Plätze.
Außer dem Gabelstapler war bei der Bootsbewegung ein nicht mehr ganz jugendfrischer fahrbarer Kran im Einsatz: die "Rosi", so benannt nach der früheren Direktorin des Bremer Landesmuseums, der 1990 verstorbenen Dr. Rosemarie Pohl-Weber, die zusammen mit ihrem Kollegen Dr. Siegfried Fliedner die Hansekogge von 1380 in den Jahren 1962 bis 1965 aus der Weser geborgen hatte. Der Kran leistete beim Wiederaufbau der Kogge im Deutschen Schiffahrtsmuseum wertvolle Dienste. Die Konservierung der Kogge ist in Kürze abgeschlossen, und ab Anfang März 1999 wird sie langsam wieder aus ihrem Konservierungsbecken auftauchen. "Rosis" Kraft reichte für die ersten 18 Boote noch aus. Um die größeren Objekte wie einen Schärenkreuzer oder das Starboot "Wannsee" von der Olympiade 1936 in die neue Bootshalle zu bringen, mußte ein großer Kran anpacken.
Für die Männer des Technischen Dienstes geht die Arbeit jedoch unvermindert weiter: Die Einrichtung auch der übrigen Ausstellungsbereiche im Neubau steht an. Zunächst haben sie mit den Booten noch wochenlang zu tun, obwohl die neun Ruder- und Paddelboote inzwischen schon in Augenhöhe der Besucher auf dem Galeriegang an Stahlseilen unter der Decke hängen. Selbst wenn die großen Boote auf Hochglanz gebracht sein werden, haben die Mitarbeiter noch schwer zu schleppen: In das Becken müssen sie als Untergrund für die Boote eine Schicht Kies einbringen. Weil für die bevorstehenden weiteren Aufgaben dreizehn Paar Hände nicht genug sind, werden demnächst zusätzlich einige ABM-Kräfte und Teilzeit-Mitarbeiter ihre Tätigkeit im DSM aufnehmen.
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