Deutsches Schiffahrtsmuseum

Regional-Presse-Info

Regionalinfo 12/99 vom 03.09.1999

Historische Häfen und Werften wiederbeleben

Zweitägiger Kongreß zum Thema "Hafenlandschaft im Wandel" am 17. und 18. September im Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven - Referenten aus allen deutschen Küstenländern, aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz

Die Schiffahrts- und Hafendenkmäler des Industriezeitalters sind nicht nur in Deutschland durch den immer schneller werdenden Strukturwandel unserer modernen, weltweit vernetzten Massenkommunikationsgesellschaft des postindustriellen 21. Jahrhunderts in ihrem Bestand gefährdet. Selbstverständlich läßt sich das Rad der Geschichte nicht wieder zurückdrehen. Aber was macht man mit den nicht mehr benötigten historischen Hafenrevieren, Schuppen, Speichern, Kranen, optischen Signalmasten, verlassenen Werften, Slipanlagen und Maschinenhäusern?

Dr. Dirk J. Peters, Industriearchäologe des Deutschen Schiffahrtsmuseums (DSM), und Dr. Hartmut Bickelmann, Leiter des Stadtarchivs Bremerhaven, haben Fachleute aus allen fünf Küstenländern, aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz nach Bremerhaven eingeladen, um Alternativen zum bloßen Abreißen oder Zuschütten zu diskutieren, gelungene Nutzungskonzepte vorzustellen und weitere Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Stadt Bremerhaven und der Förderverein DSM haben durch ihre Zuschüsse den Kongreß "Hafenlandschaft im Wandel" ermöglicht.

Der Ort der Tagung, das Deutsche Schiffahrtsmuseum, ist selber mit seinem Museumshafen sowie den Liegeplätzen für segelnde Oldtimer, die in der Schiffergilde zusammengeschlossen sind, ein sprechendes Beispiel für neue Nutzungskonzepte, die zugleich das Image der Hafenstadt positiv verändert haben.

Auch in vielen anderen Hafenstädten hat man in den letzten Jahrzehnten die Attraktivität der historischen Wasserseite wiederentdeckt und als unverzichtbaren Bestandteil sichtbar zu machender Geschichte der jeweiligen Hafenstadt begriffen. Dieser Prozeß der Bewußtseinsbildung ist noch nicht beendet, sondern muß konsequent weitergeführt und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, die alle dazu beitragen, daß sich die Bewohner einer Hafenstadt besser mit ihr identifizieren können.

Die Tagung in Bremerhaven ist ein besonders wichtiger Schritt auf diesem langen Weg, weil sie die Fachleute zusammenführt, die in Deutschland gegen viele Widerstände an diesem Bewußtseinswandel arbeiten. Auch das DSM leistet dazu wichtige Beiträge. Schon seit vielen Jahren ist Dr. Peters dabei, in einem umfassenden Forschungsprojekt alle "seeschiffahrtsbezogenen Bauten und Anlagen an der deutschen Küste" zu inventarisieren. Daraus gewinnt dann die Denkmalpflege der Küstenländer die Maßstäbe, mit denen sie den Bestand an Gebäuden und Anlagen jeweils vor Ort bewerten kann. Daraus kann sie dann gezielte Maßnahmen zur Erhaltung und Nutzung entscheidend wichtiger Objekte entwickeln, wobei freilich die Wünsche oft sehr viel größer sind als die Möglichkeiten.

Axel Föhl vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege, Referent für technische Denkmäler und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, leitet mit seinem Eingangsreferat: "Rheinauf, rheinab - Hafendenkmalpflege in Duisburg, Krefeld, Düsseldorf und Köln" die Tagung ein und macht damit deutlich, daß der Wandel in der Bewertung historischer Häfen nicht auf die Seehafenstädte beschränkt ist, sondern die Binnenhäfen an Flüssen und Seen ganz genauso einschließt. In den europäischen Nachbarstaaten und insbesondere in Großbritannien ist das Bewußtsein von der Bedeutung der historischen Hafenareale schon längst präsent. Deshalb ist der Bremerhavener Kongreß zugleich die Zwischentagung für die deutschen Mitglieder der TICCIH-Vereinigung ( = The International Committee for the Conservation of the Industrial Heritage).

Nach der Einführung in die Problematik kommt Frau Dr. Ilse Rüttgerodt-Riechmann aus Hamburg mit ihrem Referat "Zur historischen Hafentopographie Hamburgs" zu Wort. Es folgt Bremerhaven mit Beiträgen über "Dockanlagen in Bremerhaven" (Dr. Peters) und "Stadtbezogene Hafenfunktionen in Bremerhaven" (Dr. Bickelmann). Die Denkmalpfleger aus Bremen, Dr. Peter Hahn und Dr. Rolf Kirsch, sprechen über "Denkmalpflege zwischen Hafenbetrieb und maritimer Folklore" bzw. zu der Frage "Ist Wahrzeichenerhaltung ein realistisches Minimalprogramm?"

Die Fachkollegen aus Schleswig-Holstein setzen das Programm fort mit Beiträgen zum "Lübecker Hafen als Lebensader der Hansestadt einst und heute" (Dr. Horst Siewert), zu den "Häfen in Husum und Tönning" (Dr. Heribert Sutter) und zum "Flensburger Hafen im Wandel" (Eiko Wenzel).

Achim Quaas vom Museum für Arbeit sammelt zum Thema "Schwimmendes Kulturgut - Denkmäler und Objekte ohne Verankerung" Argumente für eine neue Beachtung von historischen Wasserfahrzeugen. Für Nordrhein-Westfalen zieht Dr. Eckhard Schinkel vom Westfälischen Industriemuseum Dortmund eine Zwischenbilanz über "Sieben Jahre Museum. 'Altes Schiffshebewerk Henrichenburg', das bedeutendste Bauwerk des hundertjährigen Dortmund-Ems-Kanals". Dipl.-Ing. Rolf Höhmann aus Darmstadt beschäftigt sich mit der Bewertung und Erhaltung von Kran- und Verladeanlagen in Binnenhäfen.

Dr. Wolfgang Brönner, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz, eröffnet den Samstag mit seinem Referat "Hafendenkmalpflege heute - Hoffnungen, die zunichte wurden." Für Niedersachsen stellen Denkmalpfleger Dipl.-Ing. Wolfgang Neß anschließend "Leuchttürme an der deutschen Nordseeküste - Perspektiven für neue Nutzungen" und Museumsleiter Manfred Sell den "Sielhafen Carolinensiel - Vom Handelshafen zur Museumslandschaft" vor. Den Schlußpunkt setzt Mecklenburg-Vorpommern durch die Denkmalpfleger Dipl.-Ing. Bernd Klinghammer und Peter Writschan mit Vorträgen über "die Binnenhäfen Schwerin, Dömitz und Waren" bzw. über den "maritimen Denkmalschutz in Rostock - eine Bilanz". Schließlich stellt Museumsdirektor Peter Danker-Carstensen den Wandel im Rostocker Seehafen seit 1990 dar unter dem Thema "Vom Universalhafen zum Fährterminal".

Die Tagung klingt aus mit zwei Exkursionen - wie es sich bei dem Thema gebührt, per Schiff, die erste auf der Weser entlang der Bremerhavener Hafenfront, die zweite auf der in Bremerhaven in die Weser mündenden Geeste.

Hinweis: Die Veröffentlichung des Info-Service ist kostenfrei. Wir bitten jedoch bei Druckmedien um Übersendung eines Belegexemplars.


zurück