Deutsches Schiffahrtsmuseum

Presse-Info-Service

Info Nr. 15/00 vom 17.10.2000

Hamburger Unternehmerin machte dem DSM das bislang wertvollste Geschenk seiner jungen Geschichte

Walfang-Sammlung des Spediteurs Hugo Bruhn bereichert die Schausammlung in Bremerhaven - Ölgemälde besonders hoch eingeschätzt

Das Jahr 2000 ist schon als Zahl ein Ereignis für sich. Für das Deutsche Schiffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven bedeutet 2000 aber noch mehr: eine einzige Glücks- und Erfolgssträhne. Der Verbleib auf der "Blauen Liste" und damit die Förderung der schiffahrtshistorischen Forschung mit Bundesmitteln auf Jahre hinaus sind gesichert, das Herzstück der Ausstellung, die Bremer Hansekogge von 1380, steht endlich frei im Raum, Bundespräsident Johannes Rau hat am 31. Mai den dringend benötigten Erweiterungsbau eingeweiht, und am 5. September feierte das Haus den 25. Jahrestag seiner Eröffnung durch den damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel. Damit aber noch nicht genug: Ebenfalls im Jahre 2000 hat das DSM die mit Abstand wertvollste Schenkung in seiner jungen Geschichte erhalten.

Helly Bruhn-Braas, erfolgreiche Hamburger Unternehmerin, trennte sich von der privaten Walfang-Sammlung, die ihr verstorbener Ehemann Hugo Bruhn über Jahrzehnte zusammengetragen hatte, und ließ damit das DSM von einem Tag auf den anderen in die sechs bis acht Museen umfassende erste Liga jener Museen aufsteigen, die sich weltweit in ihren Schausammlungen der fesselnden Geschichte des Walfangs widmen. Zu dieser Gewichtung kommt der international anerkannte Walfangforscher Klaus Barthelmeß aus Köln. Für Dr. Uwe Schnall, der den Forschungs- und Ausstellungsbereich im DSM betreut, läßt sich der Aufstieg am erheblich angewachsenen Raumbedarf ablesen. "Bereits vorher besaßen wir viele wertvolle Exponate, die sich im Altbau aber gerade einmal auf sechs Vitrinen verteilten", blickt er zurück. "Heute ist es in den neuen großen Abteilungen im Erweiterungsbau schon wieder sehr eng geworden."

Dabei nehmen die beiden größten Objekte gar nicht einmal Platz weg: Das vom Präparator Günther Behrmann im damaligen Institut für Meeresforschung am Geestemünder Handelshafen konservierte Skelett eines Pottwales hängt hoch droben unter der Decke, und das fast 10 Meter breite, 1669 entstandene Wulfhagen-Gemälde aus dem Bremer Rathaus, das der Senat dem Museum als Dauerleihgabe überlassen hat, ziert mit seiner Darstellung eines Minkewals, der sich in der Weser bis fast nach Bremen verirrt hatte, die südliche Stirnseite der Ausstellungshalle. Lediglich die über hundert Jahre alte und 8,85 Meter lange Walfangschaluppe, die Dr. Schnall dem Kendall Whaling Museum in Sharon, Massachusetts, USA, verdankt, beansprucht einige Grundfläche.

Den eigentlichen Durchbruch aber hat erst die Sammlung Hugo Bruhn gebracht. Uwe Schnall gingen die Augen förmlich über, als er die Schätze erstmals in Hamburg sichten durfte: Ölgemälde und Aquarelle in Spitzenqualität, Kupferstiche mit Walfangszenen, Seekarten, eine englische Schiffszimmermannskiste aus dem 19. Jahrhundert mit kompletter Werkzeugausstattung, Navigationsinstrumente aus früheren Jahrhunderten, Pottwalzähne, ein unglaublich kostbares, weil aus Bein gefertigtes Modell eines Walfangschiffes um 1830, ein noch wesentlich älterer Glaspokal, dessen Schnittdekor zwei Walfänger und zwei ausgesetzte Schaluppen zeigt, eine Seemannskiste mit Walschnitzereien und vieles mehr. Zur Schenkung gehören darüber hinaus noch 150 teils seltene Bücher, die sich mit der Geschichte des Walfangs befassen.

Hugo Bruhn hatte offensichtlich ein Gespür dafür, wie er seine Sammlung immer weiter ausbauen und vervollständigen konnte. So gelang es ihm, von der Walfanghistorikerin Wanda Oesau, einer Nachfahrin und späteren Biographin der berühmten Glücksburger Walfängerfamilie Meyn, viele der an sie vererbten Stücke zu erstehen, darunter auch Ladewig Meyns Kapitänslogbuch, dessen Eintragungen im Jahre 1852 einsetzen. Wanda Oesau, die vor einigen Jahren gestorben ist, hat die Lebensgeschichte ihrer Vorfahren aufgeschrieben. Ihr Nachlaß hat nun im Deutschen Schiffahrtsmuseum seine Heimstatt gefunden.

Besonders glücklich aber ist Dr. Schnall, daß Helly Bruhn-Braas dem Museum als Bestandteile der Sammlung fünf kostbare Ölgemälde geschenkt hat, von denen Jörg C. G. von Negelein, Sachverständiger für Alte Kunst und Antiquitäten, zwei für besonders hochwertig einschätzt. Das eine um 1635 entstandene ist wahrscheinlich von Abraham Matthissen, vielleicht auch vom nicht minder bekannten Abraham Salm geschaffen worden und zeigt einen holländischen Walfänger vor der grönländischen Küste. Das zweite trägt den Titel "Dänische Walfänger bei Spitzbergen" und stammt von Johan Georg Stuhr, der von 1640 bis 1731 lebte. "Tatsächlich waren es Walfänger aus Altona", differenziert Uwe Schnall. "Die einfache Erklärung: Die Stadt gehörte damals zu Dänemark." Helly Bruhn-Braas, Mutter von drei erwachsenen Kindern, ist in der Nachfolge ihres Mannes Inhaberin der Bruhn Internationale Transporte GmbH in Hamburg, eine Managerin von anerkanntem Format. Die Tochter des Frankfurter Dachpfannen-Fabrikanten Rudolf H. Braas, habe "eine Spedition geheiratet", wie sie kürzlich einmal sagte. Als junge Frau hatte sie zunächst in Großbritannien Sprachen studiert, um im väterlichen Betrieb behilflich sein zu können. Bald aber zog es sie als angehende Designerin in die Münchener Modewelt, der sie aber auf Wunsch des Vaters den Rücken kehrte. Ihr heute noch gepflegtes Hobby hat folglich so gar nichts mit Walfanggeschichte zu tun: Helly Bruhn-Braas entwirft und näht in ihrer knappen Freizeit Kleider und kocht liebend gern für andere.

Bevor sie sich auf Tip ihres Schwagers Gerd Bruhn aus Kiel, ebenfalls Sammler von maritimen Stücken und seit langem dem DSM eng verbunden, entschied, Schätze ihres Mannes dem DSM zu schenken, sprach sie sich mit ihren Kindern ab. Und alle waren einverstanden.

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