Deutsches Schiffahrtsmuseum

Presse-Info-Service

Info Nr. 11/98 vom 12.06.1998

"Rheinfloß 2000" könnte in zwei Jahren von Basel bis Rotterdam schwimmen

Deutsche Flößerei-Vereinigung will ehrgeiziges Projekt zum Start in das neue Jahrtausend unterstützen - Flößerei-Tagung im Frankenwald fand großes Echo

Eine Vision, die die Theaterleute Bernd Dreßen und Lew Bogdan entwickelt haben, könnte in zwei Jahren zu einer aufsehenerregenden Wirklichkeit werden, zu einem Ereignis, von dem man in den Anrainerstaaten des Rheins noch lange sprechen wird: Ein Gebilde aus 2.000 Holzstämmen, das "Rheinfloß 2000", soll im ersten Sommer des neuen Jahrtausends seine Reise vom schweizerischen Basel gut 1.000 Kilometer stromabwärts bis zum holländischen Rotterdam antreten. Die Deutsche Flößerei-Vereinigung jedenfalls hat auf dem 11. Deutschen Flößertag in Unterrodach (Frankenwald) insoweit fürs erste grünes Licht gegeben, als sie das Projekt uneingeschränkt unterstützen wird, wenn die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen erfüllt sind und die Politik den ehrgeizigen Plan wie gewünscht fördert.

Dreßens Gedankenspiele sehen vor, daß sich der Ausbau des Floßes allmählich während der Fahrt vollziehen soll, immer dann, wenn ein Fluß, auf dem einstmals geflößt wurde, in den Rhein mündet. Auf diese Weise läßt sich erreichen, daß sich das Floß aus Holz verschiedener Flußgebiete wie Schwarzwald, Mosel und Main zusammensetzt und erst auf dem Mittelrhein seine volle Länge erreicht. Erfahrene Flößer mit dem Floßmeister Emil Hümmrich-Welt aus Unterrodach an der Spitze haben bereits ihre Zusage gegeben, an der langen Reise aktiv teilzunehmen, wenn sie denn, was alle hoffen, zustande kommt. Bei soviel Kompetenz auf den 2.000 Holzstämmen kann die Deutsche Flößerei-Vereinigung die einwandfreie technische Durchführung des Projektes "Rheinfloß 2000" mit gutem Gewissen schon heute garantieren.

Auch sonst darf Hans-Walter Keweloh, Vorsitzender der Vereinigung, der alsVolkskundler den Bereich Flößerei am Deutschen Schiffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven betreut, mit dem Ablauf des 11. Deutschen Flößertages mehr als zufrieden sein. "Mit über 200 Teilnehmern haben wir eine neue Schallmauer durchbrochen, die Tagung fand in der Öffentlichkeit starke Beachtung, und die Referate standen allesamt auf einem hohen Niveau", lautet sein Resümee. Unterrodach eignet sich allein deswegen in besonderer Weise als Tagungsort, weil das seit Jahren bestehende Flößermuseum eine starke Anziehungskraft ausübt und weil 25 Kilometer oberhalb in Wallenfels mit viel Engagement touristische Flößerei betrieben wird. Von den beiden Orten und dem gesamten Frankenwald gingen schon in der Vergangenheit wichtige Impulse für die Auseinandersetzung mit dem sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Thema aus.

Am Vortragsprogramm waren Vertreter der regionalen Politik und Verwaltung ebenso beteiligt wie das Wasser- und Schiffahrtsamt Hof, der zuständige Denkmalspfleger und der Forstamtsleiter, der z.B. einen historischen Abriß über den Einfluß der Flößerei auf die Entwicklung der Forstwirtschaft und der Wälder gab. Aus Unterrodach brachte Keweloh die Examensarbeit einer Studentin mit, die eine Studie über touristische Nutzungsmöglichkeiten der Flößerei und deren technische Denkmäler erstellt hatte und darüber auf dem Flößertag ein viel beachtetes Referat hielt.

Auf der mit dem Flößertag verbundenen Jahreshauptversammlung fanden turnusmäßige Wahlen statt. Für den verstorbenen Wilhelm Neuperth aus Friesen übernahm Gerhard Wich-Heiter (Unterrodach) das Amt des 2. Vorsitzenden. Zu Beisitzern wurden Marlies Diepenbrock (Rheingebiet), Georg Geiger (Friesen im Frankenwald) und Werner Hinsch (Schiffahrtsmuseum Lauenburg an der Elbe) gewählt. Schließlich legten die Teilnehmer noch den Tagungsort für das Jahr 2000 fest: Es wird Ziegenrück an der Saale sein, ein Ort nahe Jena, der ein Wasserkraftmuseum beherbergt. Für das Jahr 1999 steht mit Schiltach im Schwarzwald der Treffpunkt der Flößer bereits seit dem Vorjahr fest. Damit wählte die Deutsche Flößerei-Vereinigung den Ort in Kinzigtal, an dem 1987 mit einer wissenschaftlichen Fachtagung zum Thema Flößerei die Wiege der Flößertage stand. Für 2001 bewirbt sich das bei Rastatt an der Murg gelegene Hörden, das dann seinen 750. Geburtstag feiert.

1998 in Unterrodach aber erhielt Hans-Walter Keweloh auf unvergeßliche Weise endlich selbst die höheren Weihen in dem von ihm als Wissenschaftler betriebenen Gewerbe: Er durfte an einem Schauflößen teilnehmen, das durch ein Wehr in einen sechs Meter tiefen Abgrund führte. Keweloh hielt sich wacker und stieg nicht vorher ab, aber er beendete das Abenteuer mit total durchnäßter Kleidung.

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