Deutsches Schiffahrtsmuseum

Presse-Info-Service

Info Nr. 02/99 vom 03.02.1999

Von den Flying P-Linern kreuzt nur noch die Ex-PADUA unter Segeln die Weltmeere

Ship Lover Peter Klingbeil schrieb die Geschichte der berühmten Hamburger Reederei F. Laeisz und ihrer Großsegler

Die Faszination, die von den Großseglern ausgeht, auch wenn ihre Blütezeit schon hundert Jahre zurückliegt, ist bis heute ungebrochen, hat sich eher noch verstärkt. Unter diesen Schönen der Weltmeere genossen "Die Flying P-Liner" (so der Titel des kürzlich vom Deutschen Schiffahrtsmuseum herausgegebenen und im Kabel Verlag, Hamburg, erschienenen, prächtig bebilderten Bandes; Preis 49,80 DM) einen fast schon mythischen Ruf: Die Schiffe der Hamburger Reederei Ferdinand Laeisz, die vornehmlich in der Salpeterfahrt von Chile eingesetzt waren und Reise für Reise Kap Hoorn umrundeten, die aber auch Weizen aus Australien und Nordamerika nach Europa holten, galten als Inbegriff von Eleganz und Schnelligkeit.

Die Geschichte der Reederei und ihrer Flotte hat Peter Klingbeil nacherzählt. Den gebürtigen Hamburger (Jahrgang 1933) packte die Leidenschaft für Segelschiffe allgemein und speziell für die Flying P-Liner, als der damals Zwanzigjährige die Viermastbark PAMIR erstmals im Hamburger Hafen sah. Dieser Tiefwassersegler sollte vier Jahre später auf so tragische Weise im Sturm untergehen und 80 meist junge Männer in den Tod reißen.

Ferdinand Laeisz wurde am 1. Januar 1801 als sechstes von insgesamt zehn Kindern eines zunächst wohlhabenden Ehepaares in Hamburg geboren. Ihm war nicht in die Wiege gelegt, daß er einmal zum Gründer einer späterhin weltbekannten Reederei aufsteigen sollte. Die Eltern betrieben "Auf dem Schulterblatt" ein bescheidenes Gemischtwarengeschäft und handelten dabei auch mit Schmuggelware. Die von den Engländern während der Franzosenzeit verhängte Kontinentalsperre traf sie so schwer in ihrer Existenz, daß der Vater wegen der plötzlichen Geldnot schier verzweifelte. Ferdinand Laeisz wollte wie viele andere Jungen seiner Zeit unbedingt zur See fahren. Im Frühjahr 1815 heuerte er als Schiffsjunge auf dem Blankeneser Schoner ELISABETH an, der schon auf der Ausreise eine Havarie hatte: Damit war Laeisz' Seemannskarriere ein für allemal beendet.

Die nächste Berufswahl führte ihn nicht in die Fremde, sondern in eine Hamburger Werkstatt: Er lernte vier Jahre das Buchbinderhandwerk, legte seine Gesellenprüfung ab und begab sich mit fünfzig Mark in der Tasche auf die "Walz", fast immer zu Fuß von Stadt zu Stadt. Im Sommer 1821 erreichte er Berlin und nahm Arbeit in einem Betrieb für Galanteriewaren an, in dem die gerade in die Mode gekommenen Seidenhüte angefertigt wurden. Dabei entwickelte er solche Fertigkeiten, daß er knapp drei Jahre später auf dem Dachboden seines Elternhauses auf eigene Rechnung Hüte zu produzieren begann. Das Geschäft florierte über alle Erwartungen gut. Ferdinand Laeisz beschäftigte bald mehrere Gehilfen, arbeitete aber selbst wie besessen weiter. Als er 1825 mit Hilfe eines befreundeten Kapitäns einen größeren Posten Hüte nach Buenos Aires exportierte, war das der Beginn eines einzigartigen wirtschaftlichen Aufstiegs, der am Ende in das Reedereigeschäft mündete.

Ferdinand Laeisz, inzwischen Hutmachermeister, angesehener Hamburger Bürger und seit dem 4. Juni 1826 mit Johanna Ulrike Catharina Creutzburg, der Tochter des Hutmacher-Ältermannes, verheiratet, gründete schon 1828 mit einem Verwandten eine Hutfabrik in Bahia, die in den folgenden Jahren Niederlassungen in Caracas, Pernambuco, Valparaiso, Lima und Santiago de Chile eröffnete. 1838 schließlich stieg er in das Reedereigeschäft ein: Er gab bei der Lübecker Werft J. Meyer sein erstes Schiff, eine Brigg, in Auftrag. Sie erhielt den Namen seines ältesten Sohnes Carl, der 1852 als gleichberechtigter Partner in das Geschäft des Vaters eintrat und sogleich für frischen Wind sorgte.

Carl Laeisz sollte mit Unterstützung seines Vaters und später auch seines eigenen Sohnes zum Motor beim Aufbau der international renommierten Reederei werden. Er gab Großsegler entweder als Neubauten in Auftrag oder kaufte bewährte Schiffe an, anfänglich solche mit hölzernen, später, eher zögerlich, mit eisernen und dann mit stählernen Rümpfen. Über 60 der gut 80 Segelschiffe, die im Laufe der Jahrzehnte unter der Laeisz-Flagge die Weltmeere befuhren, trugen einen P-Namen, wie die berühmte 1902 bei Joh. C. Tecklenborg gebaute PREUSSEN, die 1910 im Englischen Kanal mit einem Dampfer kollidierte und verlorenging, wie die PAMIR, die am 21. September 1957 im Atlantik kenterte und versank (nur sechs Mann der 86köpfigen Besatzung konnten gerettet werden), wie die heutigen Museumsschiffe PASSAT (in Lübeck), POMMERN (in Mariehamm auf den Åland-Inseln) und PEKING (in New York), wie die PADUA, die nun den Namen KRUZENSHTERN trägt, als russisches Schulschiff weiterhin die Weltmeere befährt und gern gesehener häufiger Gast in deutschen Seehäfen ist.

Peter Klingbeil erzählt die Geschichte der Reederei von den Anfängen bis zum Finale der Segelschiffahrt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kenntnisreich, detailgenau und übersichtlich und ergänzt sie mit der kompletten Schiffsliste, die über Baudaten und Schicksale jedes einzelnen Seglers Auskunft gibt. Eingefügt sind besonders bemerkens- und lesenswerte Fahrtberichte von Laeisz-Kapitänen. Den besonderen Reiz des Buches aber machen die hinreißend schönen Schwarz-Weiß-Fotos von den Schiffen, ihren Besatzungen, den Arbeiten an Bord und von den Zielhäfen aus. Dazu enthält das Buch 20 farbige Reproduktionen von prachtvollen Gemälden so bekannter Künstler wie Johannes Holst, Kay H. Nebel und Willy Stöwer, davon allein 16 aus der Sammlung des Deutschen Schiffahrtsmuseums.

Das mittlerweile in eine GmbH umgewandelte Unternehmen F. Laeisz ist heute im Import und Export sowie im Reederei- und Versicherungsgeschäft tätig.

Hinweis: Die Veröffentlichung des Info-Service ist kostenfrei. Wir bitten jedoch bei Druckmedien um Übersendung eines Belegexemplars.


zurück